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Presseberichte

Zeitungsartikel über die Branchweilerhof

Der folgende Artikel erschien am 20. Dezember 1997 in der Rheinpfalz. Wir möchten der Redaktion der Rheinpfalz und Frau Birgit Möthrath danken für die Erlaubnis diesen Artikel hier zu veröffentlichen.


--- DIE RHEINPFALZ - NR. 295: SAMSTAG, 20. DEZEMBER 1997 ---
Thema am Samstag:
Geschichte der Mennoniten
In Neustadt


Täufer suchten Schutz vor Verfolgung Branchweilerhof gehört neben Weyerhof zu den markantesten Mennoniten-Siedlungen


* Von unserer Redakteurin Birgit Möthrath


Die Zeiten sind vorbei, da die Wiedertäufer in der Pfalz unterdrückt oder gar hingerichtet wurden. Die drei mennonitischen Gemeinden in Neustadt sind fest in das Leben der Stadt integriert.

Doch das war nicht immer so. Bevor sie vor 100 Jahren die Gleichberechtigung in der Religionsausübung erhielten, wurden die Wiedertäufer auch in der Kurpfalz teilweise hart verfolgt. Erst in großer Not hieß man Menschen dieses Glaubens willkommen: nach dem Dreißigjährigen Krieg waren nicht nur weite Landstriche der Region verwüstet, sondern auch die Bevölkerung auf ein Drittel dezimiert. Für den Wiederaufbau des Landes warb Kurfürst Karl Ludwig Einwanderer an. Ein Heidelberger Dekret versprach 1664 religiöse Duldung.

Öffentlich freilich durften die Mennoniten ihren Glauben nicht propagieren. Auch die Friedhöfe waren ihnen wie den Juden verwehrt. ,,Im Jahr 1714 bedurfte es eines Gesuchs beim Kurfürsten Johann Wilhelm, daß Mennoniten an besonderen Plätzen in öffentlichen Friedhöfen ihre Toten bestatten durften", heißt es in der Jubiläumsschrift zur 300 - Jahresfeier der Branchweilerhofgemeinde. Kurfürst Carl Theodor befahl 1743, Mennoniten nur ,,Begräbnisse in aller Stille ohne Gesang und sonstiges Gepränge" zu erlauben. Die Gemeinde in Neustadt legte ihren eigenen Friedhof an. Da sie noch keine Körperschaftsrechte besaß, kauften 1893 Einzelpersonen ein Stück Land südlich des Branchweilerhofs.

In ihrem Ursprungsland, der Schweiz, erging es den Mennoniten noch schlechter. Und so zog 1671 die Aussicht auf religiöse Duldung 700 Täufer aus der Gegend um Bern in die Pfalz. Mittellos kamen sie an, denn bei ihrer Flucht hatten sie kein Vermögen mitnehmen dürfen. Von holländischen Glaubensbrüdern erhielten sie finanzielle Unterstützung.

Der Weyerhof in Donnersberg und Branchweilerhof in Neustadt wurden die markantesten Ansiedlungen der Mennoniten. Die Anlage vor den Toren Neustadts war zuvor als Spital genutzt worden. Drei Familien übernahmen das vernachlässigte Gut mit den verwilderten Feldern: Fritz and Elisabeth Dester, Jakob und Barbara Weber sowie Daniel und Anna Stauffer. 1682 wurde die Anlage von Kurfürst Karl in ein Erbgut umgewandelt. Seinen Erbschaftsbrief sieht die Branchweilerhofgemeinde als ihre Gründung an.

Zunächst als Pächter in Neustadt

Besitzer des Hofs blieben zunächst die Jesuiten. Außer der einmaligen Summe von 1650 Gulden hatten die Pächter auch regelmäßig Abgaben von ihren Erträgen zu leisten. Im Laufe des 18. Jahrhunderts wuchs die kleine Gemeinde durch weitere Flüchtlinge aus der Schweiz. Aber viele Familien wanderten auch ab, da sie in der Pfalz lange nicht mehr so willkommen waren wie zuvor und auch nicht von der wirtschaftlichen Not der gesamten Bevölkerung verschont blieben. Mennoniten mußten noch dazu Sondersteuern zahlen. 1718 traf beispielsweise eine Gruppe von 300 kurpfälzischen Mennoniten im amerikanischen Pennsylvania ein. Wie die Branchweilerhofgemeinde in ihrer Jubiläumsschrift ausführet, sollen auch einige Neustadter dabei gewesen sein.

die alte Verbundenheit zur Pfalz sorgte nach dem Zweiten Weltkrieg für eine Welle der Hilfsbereitschaft der Mennoniten etwa durch Care-Pakte und Schulspeisungen. Heute helfen Mennoniten aus Meckenheim auf ähnliche Weise Bedürftigen in Bosnien.

Trotz der Unterdrückung wuchs die Zahl der Wiedertäufer in der Kurpfalz. 1744 verfügte ein kurfürstlicher Erlaß, daß die Zahl der Familien auf 200 vermindert werden müsse. die nachgeborenen Söhne sollten nach ihrer Heirat ,,fortgeschafft und ohne höchst derselben spezialgnädigste Bewilligung nicht geduldet werden".

1759 zählte das Oberamt Neustadt sechs Familien mit 30 Köpfen auf dem Branchweilerhof. Wieder meldete sich der Kurfürst zu Wort und forderte, ,,der schreckbaren Vermehrung" Einhalt zu gebieten. Doch die Mennoniten wurden wegen ihrer Arbeit geschätzt und verschont. Die Jesuiten attestierten ihren Pächtern: ,,Die Sekte werde ungemein verabscheut und solle auch ausgetilgt werden; aber die tägliche Erfahrung lehre auch, daß keine bessere, arbeitsamere und tüchtigere Untertannen zu finden sind, welche außer ihrem Glauben und ihrer Irrung in den Sitten als auch in unverdrossenem Eifer sich Tag und Nacht zu betätigen, den anderen Religionsverwandten zum Vorbild dienen sollten."

Doch kaum hatten die Familien auf dem Branchweilerhof Fuß gefaßt, brach der Pfälzische Erbfolgekrieg über das Land herein, und das Gut wurde erneut stark verwüstet. Zum Wiederaufbau erließ der Kurfürst die Pacht und stellte Bauholz zur Verfügung.

Doch von einer Anerkennung mit denselben Rechten wie alle anderen Untertanen waren die Mennoniten noch weit entfernt. Erwarben sie Haus und Grundbesitz, konnte er ihnen von katholischen oder protestantischen Kurpfälzern unter Erstattung der ursprünglichen Kaufsumme wieder weggenommen werden - auch nachdem er womöglich über Jahre mit viel Arbeit und Geld aufgewertet worden war. Sie durften kein Handwerk ausüben - deshalb blieben sie all Landwirte. ,,Das hat sich erst seit dem Krieg geändert", sagt Helmut Lichti von der Gemeinde Branchweilerhof.

In den Besitz des Hofs kamen Mennoniten erst 1805. Nachdem wieder ein Krieg über Haus und Hof gefegt war, erließ die französische Besatzungsmacht ein Gesetz, wonach alle Besitzungen der Fürsten Staatseigentum wurden und ,,zu Spottpreisen versteigert werden mußten", schreibt Christoph Thein 1991 in seiner Dissertation über den Branchweilerhof. Gebäude, Hoffläche und Wege wurden aufgeteilt: unter dem Familien Becker, Egli, Herschler, Janson, und Lichti.

Inzwischen ist der Branchweilerhof nicht mehr fest in der Hand der Mennoniten, denn er wurde mit der Zeit für manche der Familien zu klein, Einige zogen weg, um vor den Toren der Stadt Landwirtschaftbetriebe aufzubauen. Und die historischen Häuser wurden zum Teil an Nicht - Mennoniten verkauft oder vermietet.

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Über drei Tore war der Branchweilerhof zugänglich:
je eines an der Straße im Norden und
Süden und diese kleine Pforte im Westen.
Das Foto stammt aus der Zeit des Ersten Weltkriegs.


Keine Liturgie, kein Eid, kein Wehrdienst Traditionell pazifistische Freikirche - Drei Mennonitengemeinden gibt es in Neustadt

,,Wir sind auch bloß Christen, die versuchen, bibeltreu zu leben." Was Helmut Lichti für die Mitglieder der Mennonitengemeinde Branchweilerhof da formuliert, scheint gar nicht so weit weg vom evangelischen oder katholischen Credo. Doch praktisch eben doch so viel, daß die Bewegung Freikirche blieb und nie Teil der Landeskirche geworden ist wie Lutheraner und Protestanten.

Überhaupt schätzen die Mennoniten ihre Unabhängigkeit. ,,Jede Gemeinde ist selbständig. Richtschnur ist allein die Bibel", sagt Helmut Lichti. Und zur Bekräftigung zitiert er den Apostel Paulus: ,,Jeder sei seiner Meinung gewiß." Doch die Mennoniten kennen auch ein gemeinsames Glaubensbekenntnis, betont Gerhard Luther. Belegt mit dem jeweiligen Bibelzitat, sind hier Vorschriften zum Leben niedergelegt. Gerhard Luther ist Vorsitzender einer anderen Gemeinde: der Mennonitenbrüdergemeinde, die 1960 von Elizabeth Wiebe gegründet wurde. Die Amerikanerin kam über das Hilfswerk nach dem Krieg nach Neustadt.

Besonderes Kennzeichen der Mennoniten im Branchweilerhof sei immer ihr starker Zusammenhalt gewesen, hebt Helmut Lichti hervor, der Gemeinschaftssinn, geformt durch das jahrhundertelange Leben in Isolation. ,,Verwandtschaftliche Beziehungen spielen eine große Rolle." Über lange Zeit sei durch die Verfolgung ja nur eine Heirat innerhalb der Gruppe in Frage gekommen. Regelmäßig treffen sich die Menschen - wie auch die Mennoniten anderer Gemeinden - neben dem Gottesdienst auch zu Bibelstunde, Hauskreis oder Jugendstunde.

Ausgerechnet einige Jahre vor der Feier zum 300jährigen Bestehen 1983 bekam dieser Gemeinschaftssinn einen Knacks: 1978 kam es nach Meinungsverschiedenheiten zur Spaltung der kleine Gemeinde im Branchweilerhof. Zankapfel war der Wunsch nach einer Untertauchtaufe. Praktiziert wurde jedoch nur die Taufe durch Besprengung mit Wasser, sagt Gerhard Lichti, heute Vorsitzender der jüngeren Gruppe, der Mennonitischen Missionsgemeinde Neustadt.

Nomen est Omen. Die Gemeinde will missionieren, sagt Gerhard Lichtis Ehefrau Anneliese - nicht marktschreierisch, sondern als Seelsorge im persönlichen Kontakt. Anfang der 80er Jahre bemühte sie sich um die am Rande der Stadt lebenden Sinti und schlug im Maifischgraben ein Zelt auf. Dock die Arbeit sei inzwischen eingeschlafen: Treibende Kraft war ein Ehepaar, das aus Neustadt weggezogen sei. Doch lockere Kontakte zu den damals Getauften bestehen immer noch.

Die RHEINPFALZ berichtete 1982 von der Taufe zweier Sinti-Mädchen im Soldatenweiher. ,,Wegen ihrer besonderen Beziehung zu dem See", sagt Anneliese Lichti. Sonst nutze die Gemeinde das Schwimmbad in Mußbach oder Duttweiler - im Sommer, nach Badeschluß. Zwischen 35 und 45 Mitglieder schwankt die Gruppe - gezählt werden nur Getaufte, also keine Kinder. Die anderen beiden Gemeinden kommen auf jeweils 39 Mitglieder.

Das Verhältnis unter den Mennoniten im Branchweilerhof sei wieder ganz gut, bestätigen die Sprecher. Beide Gemeinden gehören jetzt derselben Dachorganisation an: dem Verband deutscher Mennonitengemeinden. Auch besuchen alle Kinder gemeinsam die Sonntagsschule, eigentlich ein Kindergottesdienst, erklärt Anneliese Lichti. Hier soll das Wort Gottes kindgerecht vermittelt werden.

Auch sonst ist der Gottesdienst, der in kleinen Gemeinden wie den Neustadtern oft von Laien gehalten wird, viel freier in der Form. ,,Wir haben keine Liturgie", erklärt Gerhard Lichti. ,,Seinen Glauben muß man aus der Bibel holen und zwar selbständig. Es ist nicht möglich, Christ zu sein, ohne die Bibel zu lesen." Deshalb auch die Erwachsenentaufe, denn die Entscheidung zum Mennoniten solle bewußt geschehen. ,,Die Religion kann nur helfen und Anleitung geben, aber nicht den Himmel versprechen."

Weiterer Grundsatz ist der Wunsch nach Trennung von Kirche und Staat, sagt Gerhard Luther von der Mennonitenbrüdergemeinde. ,,Es wird also wie in Frankreich keine Kirchensteuer verlangt. Trotzdem kann der einzelne natürlich politisch aktiv sein", sagt Luther und räumt ein, daß konservative Gruppen auch das vielleicht noch ablehnen. Allen gemein sei jedoch der starke pazifistische Gedanke. Die meisten Mennoniten leisteten keinen Wehrdienst, und einen Eid zu schwören, lehnen sie grundsätzlich ab. (möt)


Wie Jesus im Jordan Anfänge im 16. Jahrhundert in der Schweiz

Die Mennoniten gingen als dritte Gruppe neben Lutheranern und Calvinisten aus der Reformationsbewegung hervor. Die Anfänge der Bewegung liegen im 16. Jahrhundert in Zürich. Um Huldrych Zwingli hatte sich ein Bibelkreis gebildet, der Reformen für die Kirche forderte. Unterschiedliche Auffassungen führten zur Spaltung: Zwingli wollte nicht in zu großen Konflikt mit der Obrigkeit kommen und suchte die Zustimmung des Rats der Stadt Zürich, Konrad Grebel erkannte nur die Heilige Schrift als Autorität an.

Seine Anhänger lehnten den Eid, das Tragen von Waffen, eine geistliche Hierarchie und die Kinds - Taufe ab. Sie tauften die Erwachsenen ein zweites Mal - daher der Name ,,Wiedertäufer". Die Taufe wurde in Anlehnung an die Taufe Jesu im Jordan durch Johannes als Tauchbad vollzogen.

Mit missionarischem Eifer verbreitete die Bewegung ihre Ansichten schnell in Schweiz, Österreich, Süddeutschland und Mähren - trotz Verbots und Androhung von Strafen durch die Obrigkeit. Auch unter den Pfälzern fand die Täuferbewegung bald nach ihrer Entstehung Anhänger. So ordnete Kurfürst Ludwig V. 1528 für Wiedertäufer die Todesstrafe an. Wie in der Jubiläumsschrift der Branchweilerhofgemeinde nachzulesen ist, berichten mennonitische Geschichtsbücher aus Mähren, daß 350 Kurpfälzer ohne Urteilsspruch eingekerkert und später hingerichtet wurden.

Geschadet hat dem Ansehen der Täuferbewegung vor allem ein Vorfall im westfälischen Münster: Eine Gruppe fanatischer Anhänger hatte sich dort 1534 auf der Flucht vor Verfolgung versammelt. Die Mennoniten ergriffen die Macht und wollten ihre Ansicht vom Himmel auf Erden mit Gewalt durchsetzen. Wer sich nicht von ihnen taufen ließ, wurde der Stadt verwiesen. Nach einem Jahr der Belagerung stürmte das bischöfliche Heer die Stadt.

Benannt ist die Täufer - Bewegung nach einem ihrer bedeutendsten Führer: Menno Simons (1496 - 1561), der zahlreiche Schriften hinterließ und für seine ketzerischen Äußerungen steckbrieflich gesucht wurde. An der Lehre der Kirche zweifelnd, legte er sein Amt als katholischer Priester im westfriesischen Pingjum nieder und wurde Ältester in Groningen.

Die Gruppe, die sich um ihn sammelte, breitete sich über Norddeutschland nach Osteuropa aus. Die Wiedertäufer in Süddeutschland stammen dagegen größtenteils aus der Schweiz. Von Katharina der Großen wurden die Mennoniten bis nach Rußland geholt, erzählt Gerhard Luther von der Neustadter Mennonitenbrüdergemeinde. Doch unter der Verfolgung durch Stalin wanderten viele wieder aus - nach Kanada, Südamerika und in die USA.

,,Mennoniten sind offener geworden"

Die Bewegung der Mennonitenbrüder entstand 1860 in der Ukraine. Dort seien viele Wiedertäufer durch die Landwirtschaft zu Wohlstand gekommen und so auch zu einer liberaleren Haltung. Die konservativen Mennonitenbrüder spalteten sich in einer Erweckungsbewegung ab.

,,Heute gibt es keine wesentlichen Unterschiede zwischen den einzelnen Gemeinden mehr", sagt Gerhard Luther. Mit der Zeit seien die Mennoniten offener geworden. ,,Die Gemeinden sind zwar völlig autonom, aber die Tendenz geht dahin, sich zusammenzuschließen."

Verwandt mit den Mennoniten sind übrigens auch die weltabgewandten Amischen, die mit ihren schwarzen Kutschen das Straßenbild im manchen Städten Nordamerikas und Kanadas prägen. (möt)


WAS DIE ANDEREN GLAUBEN (6): MENNONITISCHE GEMEINSCHAFTEN

Als Kriegsdienstverweigerer von der Obrigkeit verfolgt

Drei kleine mennonitische Gemeinden in Neustadt ansässig - Wiedertaufe, Eidverweigerung und Friedensdienst

,,Heute darf man über alles in der Öffentlichkeit reden. Nur wenn man über seine Erfahrung mit Jesus spricht, halten einen die Anderen für nicht ganz normal", sagt Lothar Magin von der Landeskirchlichen Gemeinschaft Haßloch in seiner Predigt, die er als Gast in der Mennonitischen Brüdergemeinde hält.

Was es heißt, wegen des eigenen Glaubens nicht nur verspottet, sondern sogar verfolgt zu werden, wissen seine Zuhörer an diesem Sonntag nur zu gut. Vielleicht weniger aus eigener Erfahrung als aus der leidvollen Geschichte der mennonitischen Bewegung, die sich um 1525 von der Schweizer Reformation abspaltete, weil ihre Anhänger Eid, Kriegsdienst, geistliche Hierarchie und Kindertaufe ablehnten.

Die ,,Wiedertäufer" zogen so den Zorn der Obrigkeit auf sich und wurden heftig bekämpft, nicht selten hingerichtet. Ihren heutigen Namen erhielt die Bewegung, nachdem sich ihr der katholische Priester Menno Simons 1536 angeschlossen hatte und zur prägenden Figur geworden war. Aufgrund anhaltender Diskriminierungen im Heimatland wanderten viele Schweizer Glaubensbrüder in die Kurpfalz aus, die zum Wiederaufbau nach dem Dreißigjährigen Krieg um Einwanderer warb.

Der Branchweilerhof in Neustadt gehörte in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zu den markantesten Ansiedlungen der Mennoniten in der Pfalz. Drei Familien hatten das ehemalige Spital mit seinen Feldern gepachtet. Die kleine Gemeinde wuchs schnell, doch viele wanderten wegen wirtschaftlicher Not nach Amerika aus.

Heute zählt die Mennonitengemeinde Branchweilerhof mit ihrem Vorsitzenden Heinrich Becker noch 45 Mitglieder, eine Hand voll mehr als die Mennonitische Missionsgemeinde um Gerhard Lichti, die sich 1978 nach Meinungsverschiedenheiten um die rechte Art der Taufe abspaltete. In dieser jüngeren Gruppe wird seitdem nur die Taufe durch Untertauchen (in Schwimmbädern oder Weihern), in der älteren vorwiegend die Besprengung mit Wasser praktiziert. Im Gegensatz zur Branchweilerhofgemeinde, wo Doppelmitgliedschaften nicht üblich sind, muss man als Mitglied der Missionsgemeinde nicht unbedingt aus der Kirche austreten. Hier werde verstärkt der Missionsgedanke verfolgt, sagt Anneliese Lichti; ,,Jedoch nicht mit Werbung auf der Straße, sondern durch persönliche Einladungen vor allem für Menschen, die keine andere Gemeindebindung oder den Anschluss an Jesus verloren oder noch nicht gefunden haben." In einem Privathaus in der Branchweilerhofstraße praktiziere man den Glauben.

Die für Mennoniten bekannten Grundsätze wie Pazifismus und Friedensdienst, Glaubenstaufe, Selbständigkeit der Gemeinden und das ,,Priestertum aller Gläubigen" gelten für die ,,alte" wie für die ,,junge" Gruppe und ebenso für eine dritte Neustädter Gemeinschaft, die Mennonitische Brüdergemeinde, Diese 35 Mitglieder starke Gruppe unter derzeitiger Leitung von Klaus Schuster wurde 1960 durch eine Amerikanerin gegründet. Amerikanisch Mennoniten waren es übrigens auch, die nach dem Zweiten Weltkrieg besonders in der Pfalz mit Care-Paketen und Schulspeisungen halfen.

Mit großen finanziellen Anstrengungen und viel Eigenleistung haben die Mitglieder und Freunde der Gemeinde vor wenigen Jahren eine ehemalige Druckerei in der Hetzelstraße renoviert und sie zu ihrem Versammlungsort gemacht. (ww)

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STICHWORT: Priestertum aller Gläubigen


Dass keine der drei mennonitischen Gemeinden in Neustadt einen hauptamtlichen Pastor hat, ist nicht nur durch ihre knappen finanziellen Mittel, sondern auch im ,,allgemeinen Priestertum" begründet. Denn nach I. Petrus-Brief (2,9) haben alle Christen einen Verkündigungs- und Seelsorgeauftrag. Die Mennoniten, wie viele andere evangelischen Gemeinschaften auch, bringen dies dadurch zum Ausdruck, dass Gemeinden und Gottesdienste in der Regel von Laien geleitet werden. (ww)

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