headerphoto

,,Kirche und Friedhof''

,,Die Kapelle und das Hirtenhaus''

Bildergalerien:

Kirche / Friedhof  und  Drehundertjahrfeier

Mennonite Church Branchweilerhof

Dem großen Mittelbau (Spital) östlich gegenüber liegt die Spitalkapelle. Sie zeigt die Stilmerkmale des 13. Jahrhunderts und dürfte 1275 erbaut worden sein. Sie ist der älteste noch erhaltene Gebäudeteil des Branchweilerhofes. Von den zwei Altären, die sich in der Frühzeit darin befanden, war einer den Aposteln Petrus und Paulus, der andere der Mutter Jesu geweiht. - Was wir heute von der Kapelle sehen, und was der Mennonitengemeinde als Gottesdienstraum dient, ist nur der Chorraum der ehemaligen Spitalkapelle. Das dazugehörige Schiff wurde im 17. oder 18. Jahrhundert zu einem Wohnhaus, dem sog. Hirtenhaus, umgebaut.

kapel1.jpg

kapel.jpg

Spitalkapelle.jpg

Der rechteckige Chor hat zwei Joche mit gotischem Rippenkreuzgewölbe. Eine Gurtrippe trennt die Joche. Die Rippen sind einfach und an den Anfängen mit Laubwerk verziert. In den beiden östlichen Ecken ruhen die Rippen auf Laubwerkkonsolen. Von den ursprünglichen Spitzbogenfenstern ist nur das östliche erhalten, dreigeteilt mit Maßwerk aus Pässen. Der Chorbogen ist spitzbogig und teilweise zugemauert. An der Südseite befindet sich das Gewänd einer Spitzbogenpforte, aber nur von außen sichtbar. Die Kapelle hat ungefähr 80 Sitzplätze und ist wohl eine der ältesten Mennonitenkapellen. Das der Kapelle ehemals vorgebaute Hirtenhaus entstand, wie bereits erwähnt, im 17. oder 18. Jahrhundert.

altarT.JPG

Damals hat der Hirte, der für das gemeinschaftliche Weiden des Viehs zuständig war, dieses Haus bewohnt. Im 19. Jahrhundert diente es kurze Zeit als Schule. Später wurde es vermietet. Der Mieter hatte für die Reinigung der Kapelle zu sorgen und im Winter die Ofenheizung zu betreuen.

SL730717_sm.jpgSL730720_sm.jpg

Das Haus war im Westen der Kapelle angebaut. Es hatte an der Nordseite eine überdachte Außentreppe, die zu der etwa 60 qm großen Wohnung im Hochpaterre führte.

Unter der Wohnung waren Kellerraum und Werkstatt, in welcher um die Jahrhundertwende Heinrich Hertzler am Webstuhl arbeitete. Durch Kriegseinwirkung und seines Alters wegen war das Hirtenhaus in den 1950er Jahren in einem Zustand, das man den Abriß erwog und in einer Gemeindeversammlung, bei einer Gegenstimme, auch beschloß. Die Geldentwertung 1948 hatte mit dazu beigetragen, daß die Gemeinde das Haus nicht erhalten konnte. Es wurde im Februar 1957 abgerissen.

Ebenso wie das Hirtenhaus war auch die Kapelle selbst durch Alter und Kriegseinwirkung in einem schlechten Zustand. Das Notwendigste ließ man im April 1948 ausbessern, wobei der Gottesdienstraum einen neuen Innenanstrich erhielt. Die Farben blieben die gleichen wie zuvor: blauer Himmel mit goldenen Sternen, die Wände zartgelb. Zum Verglasen des zerbrochenen Spitzbogenfensters gab es der Nachkriegsverhältnisse wegen kein Glas und Blei, weshalb es mit Pappe verschlossen blieb, was hinter einem großen blauen Vorhang nicht auffiel.

SL730722_sm.jpgSL730714_sm.jpg

SL730724_sm.jpg

In Jahre 1957 erwies sich die durch den Abriß des Hirtenhauses neu entstandene Giebelwand an der Kapelle als ungleichmäßig dick. Sie wurde durch Verkleidung des oberen Teils und die Ziegelabdeckung des unteren Mauervorsprungs in einen ansehnlichen Zustand versetzt. Die heutigen zwei Strebepfeiler an der Westseite fügte man neu an und deckte jetzt alle sechs Pfeiler rund um die Kirche mit Ziegeln ab. Der Außenputz der Kapelle wurde erneuert und hell gestrichen. Das einfache hübsche Holzkreuz stiftete der Schreinermeister Alois Kirchenmaier aus Neustadt der Mennonitengemeinde.

Die vordere Friedhofsmauer des an der Kapelle angelegten Friedhofs trug man bis auf 50 cm Höhe ab, gleichfalls den an der Nordseite des Kirchenanwesens vorhandenen Schweinestall mit dem Raum für die ehemals gemeindeeigenen Feuerwehrgeräte. Das ganze durch den Abriß des Hirtenhauses und sonstigen Gemäuers entstandene neue Gelände wurde zu einer Gartenanlage umgestaltet. Den etwas erhöht liegenden Teil des ehemaligen Friedhofs hatte die Jungend schon im Jahre zuvor angelegt. Als Abgrenzung zur Straße entstand ein Mäuerchen mit Holzzaun und Toranlage. Ein weiterer Abschnitt der Kapellenrenovierung fand im Jahre 1969/70 statt. Das gesamte Kapellendach wurde erneuert und mit einer Dachrinne versehen, um der Feuchtigkeit im Mauerwerk Herr zu werden. Eine gründliche Innenrenovierung wurde in Angriff genommen. Da die Kapelle, wie auch das Spitalgebäude, unter Denkmalschutz stehen, zog man das Landesamt für Denkmalpflege zu Rate. Die Suche nach vielleicht vorhandenen Wandmalereien verlief ergebnislos. Die alte, hohe Kanzel mit dem Steinsockel aus dem Anfang des 19 Jahrhunderts mußte weichen. Der ganze Innenputz wurde erneuert, das zum Teil zugemauerte Spitzbogenfenster zu seiner ursprünglichen Größe geöffnet. Viel Arbeit bereitete das Säubern der Sandsteinrippenbogen mit den Rosetten, Köpfen und Laubwerk, die zum Teil durch Kalkanstriche fast völlig übermalt waren. Man installierte neue Lichtleitungen und Lampen. Die elektrische Heizung unter den Bänken wurde erneuert, alles Holzwerk gestrichen und der Boden mit Kunststoffplatten ausgelegt bzw. mit PVC-Belag versehen (Empore und Treppe).

Eine neue Kanzel sowie der Altartisch wurden von Prediger Gustav Lichti gestiftet, dessen Sohn Manfred sie anfertigte. Die Kanzel wurde nicht mehr vor dem Fenster, sondern in der rechten vorderen Ecke der Kapelle aufgeführt. Die Bleiverglasung des Spitzbogenfensters wurde von Frau Stempel-Lepert, Landau, entworfen und von der Firme Bleidorn, Speyer, ausgeführt. Die alten, 1930 von der Stiftskirchengemeinde Neustadt gekauften Sitzbänke beließ man.

Mit einem Dankgottesdienst, bei dem auch die Mennonitengemeinde Deutschhof mit ihrem Posaunenchor anwesend war, feierte man am 6. September 1970 den Abschluß der Renovierungsarbeiten. Prediger Helmut Doerksen von der Bibelschule Bienenberg hielt die Festpredigt.

Im Jahre 1979 wurde die Kapelle wiederum mit einem neuen, hellen Außenanstrich versehen.


Die Sonntagsschule

Um die Jahrhundertwende gründete Christian Hege (1830-1914) die Sonntagsschule auf dem Branchweilerhof, wahrscheinlich auf Anregung des damaligen Predigers der Baptistengemeinde Worms. Im Jahre 1920 übernahm Frau Elisabeth Lorentz diese Arbeit. Rund 30 Jahre hörten nicht nur gemeindeeigene Kinder, sondern auch evangelische und katholische, die biblischen Geschichten von ,,Tante Lorentz''. Höhepunkte im Jahresablauf waren die Sonntagsschule-Ausflüge in den Ordenswald und die Weihnachtsfeiern in der Kapelle. Ab den 1950er Jahren wurde die Arbeit an den Kindern von jungen Mädchen und Frauen aus der Gemeinde getan. 1955 begann der Unterricht in verschiedenen Altersgruppen.

herbst1929T.JPG

1934T.JPG

1934T.JPG

1958T.JPG

Bis über 30 Kinder, klein und groß, kamen sonntäglich zur Sonntagsschule. Es wurde gern gefeiert. Manchmal ging die Initiative dazu von den Kindern aus, wie folgende Verse zeigen:
,,Die ,,Großen'' möchten den ,,Kleinen''
Ein frohes Fest bereiten!
Sie laden dazu ganz herzlich ein,
Kommt und laßt uns fröhlich sein!
Am 20. April, das ist der Tag,
Um 15 Uhr am Nachmittag,
Bei Gustav Lichti's im Obergeschoß,
Kommt, Ihr werdet's erleben, dort ist was los!''
Näheres wurde zu Beginn des Festes bekanntgegeben. Wie das Fest entstand:
,,Wir machen ein Fest'', schlägt Evi vor und Annette.
,,Das wär Klasse!'' sagt Gisela und Elke. ,,Ich wette,
Reinhard und Matthias sind auch mit von der Partie.''
Christine und Traudel, was sagen sie?
,,Wir laden die gesamte Sonntagsschule ein
Zu einem frohen Zusammensein.
Wir setzen uns zusammen und hecken was aus,
Dann wird bestimmt 'was Pfund'ges draus''.
So geschah es. Jeder brachte eine Idee,
Der eine bringt Kuchen, der andre bringt Tee.
Schließlich wurde Kuchen und Kaba daraus,
Was nachher schmecken wird beim Schmaus.
Wir haben uns Lieder und Rätsel ausgedacht
Ein Spiel, das euch sicherlich Freude macht.
Dabei hatten wir selbst die meiste Pläsier,
Ihr seht es uns an, so wie wir stehn hier.
Aufs neue wurd' uns die Wahrheit groß:
,,Freude geben ist Freude nehmen - en gros!''


Viel Freude gab es auch beim Kindertag auf dem Heidehof, zusammen mit der Sonntagsschule vom Deutschhof im Juni 1972, sowie beim Fest ,,rund um die Sonnenblumen'' in September 1973 und bei vielen Erntedankfesten mit der Gemeinde.

Im Jahre 1979 baute die Gemeinde im Spitalgebäude eine Wohnung zu zwei Sonntagsschulräumen aus.

50erJahrenT.JPG

sonnenblumenT.JPG


Der Friedhof



Mennoniten_friedhof_in_Neustadt_Weinstr.jpg

Mennoniten_friedhof_in_der_Adolf_Kolping_Strasse.jpg

fraubeckerT.JPG

friedhofT.JPG

Um solchen Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen, legten die Mennoniten eigene Friedhöfe an. Bis um die Jahrhundertwende benützte die Mennonitengemeinde Branchweilerhof den Friedhof bei der Kapelle. Einige Grabsteine an der östlichen Friedhofsmauer erinnern noch daran. Nachdem dieser Begräbnisplatz zu klein geworden war, wurde etwa 1 km südlich des Branchweilerhofes im freien Feld ein neuer Friedhof angelegt. Die Gemeinde besaß damals noch keine Körperschaftsrechte, die ihr erlaubt hätten, Grund und Boden zu besitzen. So kauften am 16. Oktober 1893

,,Peter Hege, Ökonom, Eheleute
Christian Hege, Ökonom
Heinrich Hege, Ökonom
Jakob Becker, Ökonom
Jakob Lichti, Ökonom, Eheleute"

ein Stück Land als Begräbnisplatz. Es war 730 qm groß und kostete 575,- Goldmark. Besitzerin war Elisabeth Lichti geb. Becker gewesen. Ihr Grab ist noch erhalten. Der neue Begräbnisplatz wurde mit einer Hecke umfriedet. Im Jahre 1973 kaufte die Gemeinde zur Vergrößerung des Friedhofes 840 qm angrenzendes Gelände von Familie Adolf Lichti, Branchweilerhof, zum Preise von 8000,- DM hinzu. Im Jahre 1977 wurde der Friedhof mit einer Wasserzapfstelle versehen.

(zurück)